2,4-GHz-Fernsteuertechnik

Autor: Peter Kaminski

Schon vor einiger Zeit habe ich diesen Beitrag geschrieben und möchte ihn hier in aktuallisierter Form bereitstellen. Der Grund dafür ist, dass selbst nach einigen Jahren 2,4-GHz-Fernsteuerbetrieb immer noch die selben Fragen aufkommen und genau so viele falsche Antworten. Da ich nun beruflich als Ingenieur aus dem Bereich der Mikrowellentechnik komme, möchte ich hier etwas zur Klärung beitragen. Eigentlich ist alles schon zigmal gesagt, aber Gerüchte und Halbwahrheiten haben eine lange Halbwertszeit ....

Historie

Ganz am Anfang der Funkfernsteuerung standen die amplitudenmodulierten Systeme auf 27 MHz, die dann von frequenzmodulierten Systemen auf den 35-MHz-Bändern abgelöst wurden. Graupner führte dann die PCM-Technik ein, mit der man die Übertragung noch unempfindlicher gegen Störungen machente. Doch die ganze 35-MHz-Fernsteuertechnik ist technisch gesehen technischer Stand von vor 20 Jahren. So haben sich die Hersteller Gedanken gemacht und seit dem Jahr 2007 bieten verschiedenste Firmen nun Fernsteuerlösungen im 2,4-GHz-Frequenzband an. Für die Anwender stellt sich nun die Frage was bringt 2,4 GHz für Vorteile?

Bandbelegung

Das 2,4-GHz-Band wird u. a. für WLAN-Anwendungen und Bluetooth eingesetzt, kommt aber auch für viele andere Industrie- und Privatanwendungen zum Einsatz, wie ZigBee (wartungsfreie drahtlose Funkschalter oder Sensoren), Drahtloskameras und auch Mikrowellenherde. Es handelt sich um ein sogenanntes ISM-Band (Industrial, Scientific, and Medical). Es gibt mehrere dieser Bänder, so z. B. auch bei 868 MHz und 5,7 GHz. Auch hier ließen sich Modellfernsteuersysteme betreiben aber durch die weite Verbreitung der 2,4-GHz-WLAN-Technik sind die Komponenten für diesen Bereich halt viel preiswerter. Weiter ist auch ein Teil des Bandes bis 2.450 GHz dem Amateurfunk zugewiesen. Hier gibt es auf mehrere 16 MHz-breite Kanäle mit Amateurfunk-TV-Ausstrahlungen. Auf das Störpotential kommen wir später zu sprechen. 

Normen

In dem 2,4 GHz ISM-Band sind nur bestimmte Übertragungsarten gestattet. Die technischen Rahmenbedingungen sind in einer ETSI-Norm (European Telecommunications Standards Institute) - der EN 300 328 - festgelegt. Es kommen hier keine schmalbandigen Modulationsarten, wie z. B. FM mit geringem Frequenzhub, zum Einsatz, sondern breitbandige, sehr komplexe Modulationsverfahren. Die zu übertragenden Informationen werden über einen großen Frequenzbereich verteilt übertragen. Man spricht hier daher auch von Wide Spread Modulation. Als Frequenzbereich ist 2,400 bis 2,484 GHz - also über 80 MHz Frequenzraum, zugewiesen. Da sehr viele Anwendungen in den ISM-Bändern parallel genutzt werden, ist eine Mehrfachbelegung einer Frequenz nicht unwahrscheinlich. Man begegnet diesem Problem ganz einfach durch einen ständigen Frequenzwechsel - Frequenz-Hopping genannt.

Die für den Modellflug angebotenen Systeme sind in der Regel biderektional ausgelegt. Das heißt, die Systeme verfügen auch über einen Rückkanal. Mit Hilfe dieses Rückkanals meldet sich der Empfänger beim Sender an, bzw. gibt ggf. Aufschluß über die Empfangssituation. Die Sendeleistung des Rückkanals beträgt aber je nach System u. U. nur einige Milliwatt und kann somit deutlich geringer sein als der Hauptkanal vom Sender zum Empfänger hin.

Störungen

Die neuen 2,4-GHz-Systeme bieten eine ganze Reihe von Vorteilen, wie z. B.: durch hohe Frequenz ergibt sich eine kleine Wellenlänge und somit auch:

  • deutlich kleinere Antennen, die zudem symmetrisch ausgeführt sind (Dipol),
  • dadurch auch bessere Abstrahlbedingungen und Masseverhältnisse,
  • geringere Probleme durch Beeinträchtigungen durch Gegenstände in oder auf dem Boden, wie z. B. Metallplatten etc., auch bei geringer Flughöhe,
  • in dem Frequenzbereich 2,4 GHz gibt es keine beeinträchtigen Überreichweiten,
  • unempfindlich gegenüber stationären, schmalbandigen Störungen,
  • unempfindlicher gegenüber Impulsstörungen von Motoren oder Regler,
  • durch entsprechende Schutzmechanismen wie Fehlerkorrektur.

Gerade bei dem Betrieb von Elektro-Impellerantrieben ergibt sich beim 35-MHz-Betrieb durch die Anordnung der elektrischen Komponenten eine besonders störanfällige Konstellation.

Weitere Vorteile von digitaler 2,4-GHz-Fernsteuertechnik sind:

  • keine Frequenzwahl nötig,
  • schnellere Übertragungszeit und hohe Auflösung für einen Servokanal,
  • der Rückkanal lässt sich auch für Telemetrieübertrragung nutzen.

Besonders der letzte Punkt eröffnet dem Elektroimpeller-Flieger ganz neue Möglichkeiten, wie eben die relativ exakte Überwachung der Restakkukapazität.

Zu einigen Punkten hier nun noch einige Erläuterungen. Der Frequenzbereich um 35 MHz kann durch troposphärische Überreichweiten durchaus stark beeinträchtigt werden. So werden in Frankreich in diesem Frequenzband Bündelfunkanwendungen mit einigen Watt Leistung betrieben, die den Modellfunk bei entsprechenden Wetterlagen (Inversionsschichten) stark beeinträchtigen können. Weiter sind im sogenanntem Sonnenfleckenmaximum auch Überreichweiten aus Übersee möglich, wo ganz andere Funkdienste diesen Frequenzbereich nutzen. 

Aber auch bei 2,4 GHz, sind Beeinträchtigungen durch anderen, legale Funkdienste möglich. Das Wort Beeinträchtigungen ist ganz bewußt gewählt, da es nur in absoluten Ausnahmefällen auch zu merkbaren Störungen oder gar Ausfällen der Funkverbindung kommt. Häufig wird auf die Gefahr der Amateurfunk-TV-Relais hingewiesen. Hierzu muss man sagen, dass diese zwar, im Gegensatz zu Modellflugfernsteuerungen, mit sehr viel mehr Leistung abstrahlen, die Ausstrahlung ist aber breitbandig und die Energie verteilt sich durch die Modulationsverfahren auf den gesamten TV-Kanal. Zu dem ist nur ein Teil des Bandes überhaupt betroffen und Frequenzhopping-Verfahren lassen sich da kaum beeinträchtigen. Fazit: eine Koexistenz zwischen Modellfliegern und Amateurfunk ist kein Problem. Das einzige was man machen sollte ist ein Sicherheitsabstand zu den ATV-Sendern einhalten um alle Eventuallitäten auszuschließen.

Um Störungen festzustellen, gibt es spezielle Scanner für das 2,4-GHz-Band, wie z. B. den relativ preiswerten wi-spy 2.4x, der auch bei der Planung von WLAN-Netzen häufig eingesetzt wird.

scanner1

Ein USB-Stick mit einem Empfänger und einer aufgeschraubten Antenne wird mit dem PC verbunden. Auf dem Rechner wird die Software Chanalyzer installiert, mit der man einen sehr guten Überblick bekommt, aber auch sehr gute Detailmessungen durchführen kann.

 scanner2

Mit der Software inSSIDer und einer WLAN-Steckkarte oder WLAN-USB-Stick lassen sich ggf. empfangbare WLAN-Netze genauer analysieren.

weblink www.metageek.net 

Wellenlänge

Ein ganz wichtiger Faktor ist die deutlich kleinere Wellenlänge des 2,4-GHz-Bandes. Bei 35 MHz beträgt die Wellenlänge über acht Meter während sie bei 2,4 GHz lediglich zwölf Zentimeter beträgt. Das bedeutet z. B. für Funkanwendungen von 35 MHz, das metallische Gegenstände je nach Größe selbst bei einem Abstand von 20 Metern noch einen deutlichen Einfluss auf die Übertragungsgüte haben. Auch sind die Masseverhältnisse elektrisch bei so großer Wellenlänge sehr schwierig in den Griff zu bekommen. Jeder Antenne benötigt bei unsymmetrischem Aufbau (wie eben bei einer Stabantenne) ein entsprechendes elektrisches "Gegengewicht", was gerade bei Pultsendern nur bedingt existiert, da die Gerätemasse viel zu klein ist und der menschliche Körper durch Handkontakt das Gegengewicht darstellt. Bei 2,4 GHz ist das kein Problem. Die Wellenlänge ist in den Abmessungen deutlich kleiner als eine Kantenbreite des Sender und die Antennen lassen sich zudem symmetrisch ausführen, was die Masseproblematik weiter verringert.

Das gleiche gilt natürlich auch erst recht beim Empfänger. Hier waren bisher im elektrischen Sinne korrekte Masseverhältnisse beim Betrieb mit 35-MHz-Anlagen so gut wie gar nicht realisierbar. Ein Dipol ist symmetrisch und in der Regel als Halbwellendipol ausgeführt, dass heisst die Länge der gesammten Antenne beträgt lediglich sechs Zentimeter. Ein weiterer positiver Effekt der deutlich höheren Frequenz ist, dass Funkenstörung Breitbandstörungen sind, die zu den höhen Frequenzen hin an Intensität abnehmen. Daher sind die 2,4-GHz-Sendestrecken auch hier gegenüber 35-MHz-Systemen im Vorteil.

Problematische Aspekte

Nach dem man den vorherigen Abschnitt gelesen hat, könnte man annehmen, es gibt keine Nachteile gegenüber dem Fernsteuerbetrieb im 35-MHz-Band. Wenn auch die Vorteile überwiegen gibt es einige Nachteile, auf die man hinweisen muss.

Bei 2,4 GHz ist die Polarisation des Funksignals ausgeprägter. Das heißt, es macht sich die sogenannte Polarisationsdämpfung bemerkbar. Jede elektrische Welle, wie übrigens auch Lichtwellen, sind polarisiert (vertikal, horizontal oder eben dazwischen). Nur wenn Sender und Empfänger exakt die gleiche Polarisation haben, wird das Signal mit der maximalen Signalstärke (exakter gesagt Feldstärke) empfangen. Ist die Polarisation zwischen Empfänger und Sender um 180 Grad gedreht (also z. B. vertikale Polarisation am Sender und horizontale am Empfänger), dann wird das Signal (zumindest theoretisch) ausgelöscht. Dieser Zustand tritt durch Reflexionen in der Praxis aber nie auf. Trotzdem können durch gedrehte Polarisation Dämpfungen von 30 dB und mehr auftrteten. Aus diesem Grund benutzt man das sogenannte Antennen-Diversity. Es werden zwei Antennen eingesetzt, die möglichst unterschiedliche Polarisation aufweisen sollten. So kann der Effekt dem Effekt der Polarisationsdämpfung entgegengewirkt werden.

Die Sendeleistung bei 35-MHz-Fernsteueranlagen beträgt 100 mW - genauer gesagt die Strahlungsleistung (Abk.: EIRP - Equivalent Isotropic Radiated Power). Unter Strahlungsleistung versteht man die Sendeleistung multipliziert mit dem Gewinnfaktor der Antenne bezogen auf ein Rundstrahler (Isotropenstrahler). Ein Dipol hat bereits ein Gewinn von 2 dB gegenüber dem Isotropenstrahler. Bei den 2,4-GHz-Anlagen ist eine maximaler EIRP von 100 mW zulässig. Da hier Dipole zum Einsatz kommen ist die zulässige Sendeleistung also geringer als 100 mW. Man könnte jetzt also davon ausgehen, da beide Systeme mit 100 mW EIRP arbeiten, die Reichweiten identisch sind. Dies ist aber nicht der Fall. denn die sogenannte Freiraumdämpfung macht einem hier einen Strich durch die Rechnung. Die Feldstärke von Hochfrequenzwellen nimmt mit zunehmender Entfernung ab. Wie groß die nominale Feldstärke in einer bestimmten Entfernung ist, wird durch die Freiraumdämpfung bestimmt. Die Freiraumdämpfung ist um so größer um so höher die Frequenz ist. Da nun 2,4 GHz deutlich höher als 35 MHz ist, ist auch die Freiraumdämpfung deutlich höher. Jedoch macht sich die Dämpfung in der Praxis nicht so stark bemerkbar wie man annehmen müsste, da andere positive Faktoren, wie die bessere Abstrahlung etc., diese zum Teil kompensieren.

Bei 2,4 GHz ist die Dämfung durch Abschattung ebenfalls deutlich größer als bei 35 MHz. Dies ist aber sowohl ein Vor- als auch ein Nachteil. Ein Nachteil, wenn plötzlich durch ein Hinderniss keine Sichtverbindung zum Modell mehr existiert oder wenn sich jemand unmittelbar vor den Sender stellt. Dies kann fatale Folgen haben. Auf der anderen Seite werden durch die Dämpfung der Wände eines Hauses aber auch u. U. störende WLAN-Ausstrahlungen stark gedämpft.

Reichweite und Antennen

Bisher ließ sich die Reichweite und Störanfälligkeit leicht durch den Test mit eingeschobener Teleskopantenne und 30 bis 50 Meter Abstand realisieren. Aus hochfrequenztechnischer Sicht nicht ganz so reproduzierbar aber für die Praxis genügte dieser einfache Tests.

Bei 2,4 GHz sieht das ganz anders aus. Man sollte den Sender keinesfalls ohne Antenne betreiben. Viele Systeme verfügen über einen Reichweitentestmodus mit verringerter Sendeleistung. Dies ist der beste Weg die Reichweite und Störanfälligkeit zu überprüfen.

Noch einiges zu den Antenne. Die SMA-Buchsen sollten immer geschützt werden. Hierfür gibt es aufschraubbare Schutzkappen aus Metall oder Schutz aus PVC, welcher aufgesteckt wird. Wichtig ist auch die original Antennen zu benutzen. Verwenden sie keine anderen Antennen, weil dort z. B. ein höherer Gewinn angegeben ist. Solche Antennen besitzen keine Rundstrahlcharakteristik mehr und können die effiktive Reichweite u. U. sogar reduzieren.

Fazit

Man kann nur die Empfehlung aussprechen für Elektroimpeller-Modelle ausschließlich 2,4 GHz zu nutzen, da sie effektiv sicherer sind und zudem mehr Komfort bieten. Einige Veranstaltungen und Meeting lassen überhaupt keine 35-MHz-Funkfernsteuersysteme mehr zu. Ich weiss, jetzt sagen viele, ja aber bei mir funktioniert doch alles. OK aber wenn man über ein zugefrohrenen Teich läuft, kann man auch am anderen Ufer ankommen - muss aber nicht immer so sein ... 

Auf die einzelnen Systeme möchten wir hier an dieser Stelle nicht eingehen. Bei der Auswahl der Systeme sind die Reichweitenunterschiede in der Praxis nur marginal und zum Teil theoretisch. Man sollte auf jeden Fall ein Frequenz-Hopping-Spread-Spectrum-System einsetzen, wie z. B.: ACT S3D, Futaba FASST, Graupner IFS3, Jeti Duplex, Multiplex M-LINK, Weatronic DualFHSS und andere, da diese in der Praxis am störunempfindlichsten sind. Telemetrie-Funktionalität wird die Kaufentscheidung für ein bestimmtes System sicherlich ebenfalls stark beeinflussen.